Der Fachkräftemangel ist für regionale Unternehmen der Metropolregion Nordwest zunehmend ein Problem. Besonders kleine und mittlere Betriebe sowie Handwerksunternehmen finden schwerer Fachkräfte oder geeignete Auszubildende. Dies gilt insbesondere für die Besetzung von Stellen in sozialen, pflegerischen oder medizinischen Berufen. Durch den demographischen Wandel wird sich die Lage zukünftig noch weiter verschärfen.
Dem gegenüber steht ein starres, weil kaum bewegliches Berufswahlverhalten junger Menschen: Seit Jahren werden rund ein Drittel aller Ausbildungsverträge in nur zehn Berufen abgeschlossen. In den letzten 15 Jahren hat sich der Anteil der Studienabsolventinnen um gerade mal 2,2 Prozent auf 24,6 Prozent in den MINT-Fächern erhöht. Hinzu kommt, dass das Studium immer häufiger der dualen Ausbildung vorgezogen wird und die Quote der Abbrechenden mit bis zu 25 Prozent – je nach Ausbildungsgang – sehr hoch liegt. Der Bedarf an Fachkräften in Unternehmen und die Berufswahl vieler Jugendlicher scheinen in der Metropolregion sowie in anderen Bundesländern offenbar zunehmend auseinanderzudriften.
Eine Berufsentscheidung hängt von vielfältigen, miteinander verzahnten Einflussfaktoren ab. Dazu gehört das Kennenlernen von Berufen, aber auch das Erkunden und realistische Einschätzen der eigenen Stärken sowie Vorstellungen von der eigenen Lebensplanung. Nicht zu unterschätzen ist auch der Einfluss von Erziehungsberechtigten, Lehrkräften und Gleichaltrigen als Vorbilder für die Jugendlichen. Bei all diesen Faktoren wirken geschlechtsbezogene Vorstellungen und Stereotype sehr wirkungsmächtig mit, jedoch eher verdeckt und impliziert. Seit Jahren belegen Statistiken, dass in ausgewählten Berufen entweder Frauen oder Männer in der klaren Mehrheit sind, weshalb man von klassischen Frauen- oder Männerberufen spricht.
Wenn also Geschlechterklischees die Berufswahl mit bestimmen, die Berufswahl zugleich aber dem Bedarf der Unternehmen nicht mehr entspricht – dann müssen alle Akteur*innen in Schule und anderen berufsbildenden Institutionen darauf hinwirken, bei allen an der Berufsorientierung beteiligten Personen Klischees zu hinterfragen, zu entlarven und ihre Wirkmacht zu entkräften: Auf diese Weise erleben Jungen und Mädchen frei und ohne bahnende Vorprägungen das ganze Spektrum der Berufe für sich und können so den Markt von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen in all seinen Facetten als Potenzial und Chance für sich entdecken.